“Faktenchecks können nur ein erster Schritt sein”

von Rosa Schmitz
Lesezeit: 4 min
Fake News: Ein globales Phänomen mit negativem Einfluss auf Meinungen. Dagegen setzen sich Professor Johannes Siebert vom MCI und Dr. Jana Siebert von der Palacky University Olomouc mit ihrem Projekt “PerFake” ein.

“Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung”, sagte schon US-Senator Daniel P. Moynihan. “Aber nicht auf eigene Fakten.” Inwieweit Falschinformationen die Meinungen beeinflussen, untersuchen Professor Johannes Siebert des Department Wirtschaft und Management am MCI und Dr. Jana Siebert vom Department of Applied Economics an der Palacky University Olomouc.

“Falschinformationen waren schon immer ein Teil unserer Gesellschaft”, sagt Johannes Siebert. Durch die Volksabstimmung zum Brexit und die US-Präsidentschaftswahlen 2016 wurde Fake News – “Falschinformation, die bewusst gestreut wird, um Meinungen zu manipulieren”, so der Professor – zu einem globalen Phänomen. Allgegenwärtig. Die Verbreitung von falschen Fakten sei in den letzten Jahren durch digitale soziale Netzwerke begünstigt worden. Insbesondere dadurch, dass immer mehr Menschen, die in ihrer Facebook-Bubble leben, sie unreflektiert als Quelle für Nachrichten heranziehen. 

Minimierung des negativen Einflusses

Zwar gibt es zahlreiche Redaktionen und gemeinnützige Organisationen, die Fake News und Falschinformationen identifizieren und die Bürger*innen über diese aufklären. “Diese aufwendigen Faktenchecks können aber nur ein erster Schritt sein”, sagt Siebert. Die Forschenden haben daher ein Projekt zur Minimierung des negativen Einflusses von Fake News namens “PerFake” durchgeführt. Gefördert wird es von der Europäischen Union und dem tschechischen Ministerium für Bildung, Jugend und Sport. Ihre Forschungsfrage: “Wie kann der Belief-Perseverance-Bias im Zusammenhang mit Fake News bestmöglich reduziert werden?” Das Ziel ist es, die negativen Auswirkungen von Fehlinformationen auf die Meinung des Einzelnen zu verringern und so dazu beizutragen, dass sie fundierte Entscheidungen treffen können.

Aber was ist “Belief-Perseverance”? Selbst wenn Fake News einwandfrei als solche identifiziert und klar beschrieben wird, “bleibt etwas hängen”, sagt Siebert. Die Meinung wird nachhaltig beeinflusst. Diese Verzerrung oder Bias erklärt den großen Einfluss von Fake News auf die Meinungsbildung sowie das Entscheidungsverhalten vieler Menschen.

Getestet und Optimiert

Um die Forschungsfrage umfassend zu beantworten, haben die Forschenden Methoden zur Reduktion dieses Biases entwickelt und in zwei Experimenten mit zahlreichen Teilnehmer*innen getestet und optimiert. Im Kern bestehen die Experimente aus drei Schritten: Die Teilnehmer*innen werden als erstes mit Fake News zu einem bestimmten Thema konfrontiert und ihre Meinung dazu abgefragt. Im Anschluss werden sie darüber informiert, dass es sich um Fake News handelt. Und zu guter Letzt werden Methoden zur Reduktion des Biases angewendet. “In jedem Schritt wird die Stärke der Meinung gemessen, um zunächst den Belief-Perseverance-Bias festzustellen und anschließend die Effektivität der dagegen steuernden Methoden zu analysieren”, erklärt Siebert. Eine solche Methode ist sogenanntes Awareness-Training, das die Teilnehmenden in einem kontrollierten Setting über die Existenz und Wirkungsweise des Belief-Perseverance-Bias informiert und vor dessen negativem Einfluss auf ihre Meinung warnt. 

Ein solches Awareness-Training könnte dazu beitragen, die Widerstandsfähigkeit der Gesellschaft gegenüber Fake News zu erhöhen, argumentieren Johannes und Jana Siebert. Das sei wichtig, denn unsere Meinungen würden in unsere Entscheidungsfindung einfließen. “Dies passiert in der Form von ‘Präferenzen’”, sagt der Professor. “Sind wir uns diesen nicht bewusst, dann treffen wir suboptimale Entscheidungen.” Neue Informationen werden bewusst oder unbewusst bewertet und können die Meinung über eine bestimmte Sache festigen oder verändern. Falschinformationen und Fake News können also die Meinung verzerren. Solche Verzerrungen wollen Johannes und Jana Siebert verhindern. 

Awareness-Training soll helfen

Stellt sich nur die Frage: Wie? Siebert schlägt folgendes Gedankenspiel vor: Angenommen, Sie haben eine Information erhalten, beispielsweise haben Sie eine Rede eines Politikers gehört oder auf Social Media einen Post gelesen. Ein Faktencheck zeigt, dass es sich um eine Falschinformation handelt. Das Awareness-Training sollte Ihnen dabei helfen, sich klarzumachen, dass Ihre ursprüngliche Meinung durch den Belief-Perseverance-Bias immer noch von der Falschinformation negativ beeinflusst sein kann. Allein dieses Bewusstsein kann Ihnen helfen, die Verzerrung Ihrer Meinung zu korrigieren. Daher schlagen die Forschenden Fact-Checking-Organisationen vor, am Ende ihrer Analyse der Falschinformation noch einen Hinweis mit aufzunehmen, der die Wirkungsweise des Belief-Perseverance-Bias erklärt.

Die Ergebnisse des PerFake-Experiments seien äußerst vielversprechend, meint Siebert. Ob sich dieser Ansatz auch im Alltag effektiv umsetzen lässt, muss sich noch zeigen. “Wir sind hoffnungsvoll, dass wir mit dem PerFake-Projekt etwas Positives bewirken können“, sagt er. 

Auch hier gibt es Tipps und Tools, um sich gegen Fake News besser zu wappnen: https://erwachsenenbildung.at/themen/kritische-medienkompetenz/praxis/fake-news.php.

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