Die Brontë-Schwestern – Ikonen der Weltliteratur

von Julia Hohengasser
Lesezeit: 3 min
Sie wurden durch ihre Werke weltberühmt. Unter ihren Pseudonymen veröffentlichten die Brontë-Schwestern Romane, die die Literatur bis heute prägen.

Wir schreiben das 19. Jahrhundert: Anne, Charlotte und Emily Brontë träumen sich gemeinsam mit ihrem Bruder Branwell in eine Fantasiewelt. Unter ihren männlichen Pseudonymen Currer, Ellis und Acton Bell entstehen in der Abgeschiedenheit des englischen Hochmoors Klassiker der Weltliteratur. Der liebevolle und gleichzeitige exzentrische Vater Patrick Brontë zieht seine Kinder in einem alten Pfarrhaus groß. Er stirbt 1861 im Alter von 84 Jahren und überlebt damit seine gesamte Familie. 

Schriftstellerinnen, die in die Weltgeschichte eingingen

Das Pfarrhaus der Familie Brontë in Haworth, West Yorkshire ist mittlerweile ein beliebtes Museum für Literaturinteressierte.

 

Die drei Schwestern erfanden, angeregt durch die Spielzeugsoldaten ihres Bruders, fiktive Welten, für die sie eigene Geschichten und Gedichte schrieben. Die Beschäftigung der Geschwister mit ihren Fantasiewelten hielt bis ins junge Erwachsenenalter an. In späteren Jahren endete die Zusammenarbeit, da sich die Wege der Geschwister aus beruflichen Gründen trennten.

Emily Brontës einziger Roman „Sturmhöhe”, der von Gewalt, Rache, Liebe und Eifersucht durchtränkt ist, wird noch heute viel diskutiert. Emily liebte die Einsamkeit, das raue Klima Englands und hatte ein Faible für das Dramatische. Charlotte Brontë ist für mehrere einflussreiche Romane verantwortlich. Der Durchbruch gelang ihr mit „Jane Eyre”. Die Geschichte der ernsten, selbstbestimmten Gouvernante und des düsteren Mr. Rochester bewegt die Massen noch heute. Auch die Werke „Shirley”, „Villette” und „Der Professor” stammen aus ihrer Feder. Anne Brontë verfasste den viktorianischen Roman „Agnes Grey”, in dem sie ihre Erfahrungen als Gouvernante verarbeitete. Außerdem schrieb sie die Lektüre um die geheimnisvolle „Herrin von Wildfell Hall”. In diesem soll ihr Bruder Branwell literarisch verarbeitet werden.

Nicht nur ihre eigene, künstlerische Freiheit, sondern auch die persönliche Freiheit ihrer Frauenfiguren war den drei Brontë-Schwestern ein besonderes Anliegen. Charlotte und Anne trugen viel zur Entwicklung des weiblichen Blickwinkels in realistischen Romanen bei. Zudem gilt Emilys Werk „Sturmhöhe” als Vorläufer der literarischen Moderne, da dieses von jeglicher Moralisierung absieht.

 

Die Werke der Schwestern wurden zahlreich verfilmt.

Der eigene Bruder als Vorbild des Antihelden 

Zusätzlich zu seiner Alkoholsucht soll Branwell, der Bruder der drei Schwestern, auch noch von Opium abhängig gewesen sein. In Folge seiner langen Suchtkrankheit wurde er gegen Ende seines Lebens gewalttätig. Die Erfahrungen mit ihrem Bruder beeinflussten die Arbeit der Schwestern stark. So ist Mr. Rochester in „Jane Eyre” ein unberechenbarer, schroffer Geselle, der sein Unglück im Alkohol ertränkt. Heathcliff aus „Sturmhöhe” ist der erste Antiheld der viktorianischen Literatur. Alkoholtrinkend, zynisch und rachsüchtig geht er für die Erfüllung seiner unglücklichen Liebe über Leichen.

Der Bruder wurde jedoch unter den Schwestern verschieden wahrgenommen. Charlotte war beispielsweise wenig begeistert, als Anne die „Herrin von Wildfell Hall” veröffentlichte. Sie zeigte sich von der Ähnlichkeit, die der asoziale Hauptcharakter mit ihrem Bruder hatte, schockiert und distanzierte sich von dieser Darstellung Branwells.

Die Schwestern der Liebe, des Todes und des Feminismus

Der Mann als unmoralisches Subjekt kommt in den Werken der Brontë-Schwestern wiederholt vor. Charlotte und Anne stellen diesem Typus eine starke Frau gegenüber. In dieser Konstellation spiegelt sich die Frustration der Schwestern über die Ungerechtigkeit ihrer sozialen Lage. Man könnte die moralische Genugtuung, die die Brontëeschen Heldinnen erfahren, als Abrechnung mit der zeitgenössischen, viktorianischen Männerwelt sehen. Doch die Protagonistinnen stoßen sich mehr an Klassen, als an Geschlechterrollen. Die Brontë-Schwestern sind mehr als ein früher feministischer Kult, mehr als drei Außenseiterinnen. In Armut geboren gelang es ihnen, den Umständen zu trotzen und sich mit ihrem Werk gegen den unerbittlichen Widerpart allen Lebens zu behaupten: Vergänglichkeit und Vergessensein.

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