Die ÖH-Wahl 2025 ist geschlagen. An der Uni Innsbruck ging die AG als Sieger hervor: Auf Hochschul-Ebene konnte sie ein Mandat dazu gewinnen und hat somit neun der 19 Mandate in der Universitätsvertretung (UV) inne. Die GRAS, die zuletzt sechs Mandate in der UV und die 1. ÖH-Vorsitzende stellte, verlor zwei Mandate und kommt somit nun auf vier. Stimmenmäßig rutschte sie etwas hinter den VSStÖ, der im Vergleich zur letzten Wahl ein Mandat dazu gewinnen konnte und nun ebenso vier hat.
Die JUNOS verloren zwar drei Prozentpunkte, aber kein Mandat, und kommen somit weiterhin auf ein Mandat in der UV. Umgekehrt ging es dem KSV-Lili: Er gewann leicht an Stimmen dazu, für ein weiteres Mandat reichte der Zugewinn allerdings nicht aus – es bleibt bei einem Mandat. Der RFS konnte wieder kein Mandat erringen.
Die Wahlbeteiligung lag diesmal bei 27,52 Prozent und somit auf einem ähnlichen Niveau wie schon 2023. Die Ergebnisse im Detail können unter diesem Link heruntergeladen werden.
GRAS: „Wir akzeptieren das Ergebnis“
Anna Schramm, Innsbrucker Spitzenkandidatin der GRAS, meint telefonisch zu den Mandats-Verlusten: „Wir finden das sehr schade. Wir hätten uns schon ein bisschen mehr erwartet. Aber wir akzeptieren das Ergebnis und gratulieren natürlich allen Wahlsiegern.“
Gründe für die Verluste sieht Anna unter anderem darin, dass GRAS und VSStÖ heuer sehr ähnliche Themen in den Fokus gerückt hätten. „Vielleicht hat der VSStÖ die Menschen einfach besser abgeholt. Und die AG hat einfach super Wahlmobilisierung gemacht. Uns haben auch einfach Leute gefehlt, würde ich sagen.“ Genau ließe sich der Grund für die Verluste aber nicht feststellen, vor allem wegen der niedrigen Wahlbeteiligung. Man wolle sich das noch genau anschauen und Strategien entwickeln, um bei der nächsten Wahl wieder besser auszusteigen.
Dass die Verluste daher kommen, dass Studierende mit der Performance der GRAS als ÖH-Vorsitzfraktion in der letzten Periode unzufrieden waren, glaubt Anna nicht: „Unsere Vorsitzende Sophia Neßler hat super Arbeit geleistet und wir konnten auch wirklich gute Projekte umsetzen. Was man schon kritisieren kann, ist, dass vielleicht die Öffentlichkeitsarbeit am Anfang nicht optimal gelaufen ist. Aber wir mussten uns da auch einfach einmal einarbeiten und haben uns dann stark verbessert.“
AG „brutal dankbar”, entschuldigte sich für Verstoß gegen Fairnessabkommen
AG-Spitzenkandidat Julian Herb zeigt sich „brutal dankbar. Das ist ein überwältigendes Ergebnis für uns mit fast 45 Prozent der Stimmen. Vielen Dank an alle, die wählen waren und ihre Stimme der Aktionsgemeinschaft geschenkt haben. Was hier von meinem Team geleistet wurde in den letzten Wochen und Monaten – wow, einfach Hammer! Mich freut es für jeden einzelnen, dass wir hier so ein grandioses Ergebnis einfahren konnten!“
Getrübt wird der Erfolg der AG allerdings durch einen Vorfall am Mittwoch: Eine Gruppe hat am Sonnendeck Gratis-Getränke verteilt und Studierende gefragt, ob sie „eh die AG gewählt“ hätten. Damit verstieß die AG gegen das Fairnessabkommen zwischen den wahlwerbenden Gruppen für die ÖH-Wahl. Dieses Abkommen verbietet jegliche Form des physischen Wahlkampfs an den Wahltagen und soll verhindern, dass Fraktionen Studierende zu ihren Gunsten beeinflussen – beispielsweise durch Goodies im Gegenzug für eine bestimmte Wahlentscheidung.
Am Donnerstag entschuldigte sich die AG öffentlich mit einem Posting auf Instagram für den Vorfall. Im Fairnessabkommen festgelegt ist, dass bei Verstoß ein solches Posting für einen bestimmten Zeitraum online gestellt werden muss. Mittlerweile (Stand Freitag Vormittag) ist der Post wieder offline.
Bildbeschreibung: Screenshots vom Instagram-Account der AG Innsbruck, aufgenommen am Donnerstag Abend. Freitag Vormittag war der Post nicht mehr auffindbar.
AG-Spitzenkandidat Julian Herb sagt telefonisch zu dem Vorfall: „Wir haben noch Drinks gehabt, die aus dem Lagerraum weg mussten. Wir haben diese dann ausgeteilt und penibel darauf geachtet, dass da keine Fraktions-Logos gezeigt werden. Ich selber war leider nicht die ganze Zeit dabei, aber anscheinend hat es Leute gegeben, die so etwas gesagt hätten. Ich habe das selber nur von Dritten gehört. Wir wollten dann den anderen entgegen kommen und das posten, auch wenn wir das nur über Hören-Sagen wissen. Dann passt das hoffentlich für alle.“
Man habe auch nach einer Beschreibung gefragt, um die entsprechenden Personen identifizieren zu können. „Da kam dann keine Rückmeldung mehr“, so Julian. Es seien auch Personen beim Austeilen dabei gewesen, die gar nicht zum Verein gehören; von daher wisse man gar nicht, ob die Aussage tatsächlich von AG-Mitgliedern getätigt worden sei.
Dass das Statement nicht mehr online ist, begründet Julian damit, dass das Fairness-Abkommen Freitag Vormittag um 8 Uhr ausgelaufen sei. Somit erübrige sich das Posting.
Julia Hofer vom VSSTÖ kommentiert die Geschehnisse wie folgt: „Leider greift die AG öfter auf unfaire Tricks zurück. Wir als VSStÖ haben das nicht notwendig und konnten auch so Dazugewinne machen.“
Diese Koalitionen könnten kommen
Weil die Verluste der GRAS von zwei Mandaten durch den Zugewinn des VSStÖ von einem Mandat nicht ausgeglichen wird, geht sich die bisher bestehende linke Koalition aus GRAS, VSStÖ und KSV-LiLi nicht mehr aus. Für die kommende Funktionsperiode führt wohl kein Weg an der AG vorbei, deren erklärtes Wahlziel es war, wieder in die Exekutive zu kommen.
AG-JUNOS
Möglich ist nun eine AG-JUNOS-Koalition, wie sie in Innsbruck schon in der Funktionsperiode 2021-2023 bestand. Hierfür spricht, dass beide Fraktionen eine ähnliche Auslegung der ÖH-Arbeit teilen: Sie sehen die Rolle der ÖH primär darin, den Studierenden Services anzubieten, statt sich allgemeinpolitisch zu positionieren. Da die JUNOS nur ein Mandat in diese Koalition mitbringen, wäre die AG in dieser Konstellation stärker vis-à-vis ihrem Juniorpartner. Das könnte die AG aus strategischen Gründen bevorzugen.
Florian Luxner von den JUNOS verrät in einem Telefongespräch: „Man muss ehrlich sagen, dass das Ergebnis nicht das ist, was wir uns vorher gewünscht haben.“ Das waren nämlich zwei Mandate gewesen, stattdessen blieb es bei einem. „Wir haben die Probleme ehrlich benannt, aber Ehrlichkeit ist auch unbequem.“ Ihr Mandat, das die JUNOS halten konnten, möchten sie „weiterhin gut nutzen.“ Das müsse nicht unbedingt in einer Exekutive sein: „Wir sind auf jeden Fall bereit, über eine Exekutiv-Beteiligung zu reden. Es ist noch nichts festgelegt. In der Exekutive wollen wir auch unsere Inhalte fördern. Wir gehen nicht nur in eine Koalition, damit wir Teil einer Mehrheit sind, sondern wollen uns klar dafür einsetzen, dass die Studierenden eine gute Vertretung haben.“
AG-GRAS
Auch möglich ist eine AG-GRAS-Koalition. Nach den letzten zwei Jahren als Vorsitz-Fraktion bringt die GRAS nun Exekutiv-Erfahrung mit. Kontinuität kann vor allem bei der Übergabe von der einen Funktionsperiode zur nächsten ein Vorteil sein, da zumindest ein Partner schon eingespielt ist. Da die Aufgaben der ÖH-Vertreter:innen nämlich gewissermaßen ungenau definiert sind, ist die neue Exekutive von der Auskunft der vorherigen über ihre genauen Tätigkeiten abhängig. Wenn ein Partner bereits vorher in der ÖH war und sich auskennt, könnte die Übergabe geregelter und geschmeidiger ablaufen, und die ÖH könnte schneller und effizienter ihre Arbeit aufnehmen.
Mit der GRAS stände die AG zwar einem etwas stärkeren Juniorpartner gegenüber, als die JUNOS das wären. Nach dem Verlust von zwei Mandaten ist die GRAS aber geschwächt. Ein Vorteil der breiteren Mehrheit: AG und GRAS kommen gemeinsam auf 13 Mandate und somit exakt auf die Zwei-Drittel-Mehrheit, die für Satzungsänderungen benötigt wird. Somit wären hier umfassendere Projekte möglich.
Am Telefon meint GRAS-Spitzenkandidatin Anna Schramm: „Exekutive wäre cool, aber wir verkaufen uns sicher nicht unter unserem Wert. Wenn unsere Themen in der Koalition nicht umsetzbar sind, haben wir auch gar kein Problem damit, in die Opposition zu gehen. Man muss sehen, wie die Gespräche laufen – falls es überhaupt welche gibt, denn das weiß man ja auch nicht.“
AG-VSStÖ
Eine AG-VSStÖ-Koalition ist zwar theoretisch möglich, aber unwahrscheinlich. Weder AG noch VSStÖ schlossen im Wahlkampf eine Exekutiv-Zusammenarbeit mit dem anderen aus, aber ihre Herangehensweisen an die Hochschulpolitik sind sehr verschieden und traditionell bestehen zwischen den Mitgliedern nicht die größten Sympathien. Sollte es wider Erwarten aber doch zu einer AG-VSStÖ-Exekutive kommen, hätte diese wiederum 13 Mandate in der UV und somit eine Zwei-Drittel-Mehrheit.
VSStÖ-Spitzenkandidatin Julia Hofer freut sich über den Zugewinn von einem Mandat auf Hochschul-Ebene. Gleichzeitig meinte sie in einem Telefongespräch: „Es ist natürlich sehr schade, dass die linke Mehrheit verloren gegangen ist.“ Ob eine AG-VSStÖ-Koalition in Frage kommt, müsse intern abgeklärt werden. „Ich halte so eine Koalition aber eher nicht für wahrscheinlich. Wir haben unsere Ansprüche, zum Beispiel das allgemeinpolitische Mandat. Das würde mit der AG in der Koalition eher nicht funktionieren.“ Deswegen sagt sie: „Wir bereiten uns eher auf eine starke Oppositionsarbeit vor.“
Und sonst?
AG und KSV-LiLi schlossen die Exekutiv-Zusammenarbeit miteinander im Vorfeld gegenseitig aus. Eine rein numerisch mögliche „Anti-AG“-Vierer-Koalition aus GRAS, VSStÖ, KSV-LiLi und JUNOS wäre nicht nur ein logistischer Wahnsinn, sondern scheitert auch daran, dass der KSV-LiLi eine Koalition mit den JUNOS ausschloss. Somit ist der AG die Exekutiv-Beteiligung sicher.
Lina Brantsch, Listenerste des KSV-LiLi, meint am Telefon: „Wir sind froh, dass wir unser Ergebnis verbessern konnten. Es ist aber natürlich trotzdem extrem bitter, dass wir die zwei Jahre ÖH-Arbeit nicht weiterführen können und dass es keine progressive Mehrheit an der ÖH Innsbruck mehr gibt.“
Vonseiten der AG heißt es: „Wichtig ist, dass man nach dem intensiven Wahlkampf jetzt erst einmal kurz durchatmet. Dann werden wir uns mit allen zusammenhocken und mit ihnen reden,“ so Julian Herb. Welche Koalitionsform am wahrscheinlichsten ist, könne man noch gar nicht sagen.
Es bleibt also spannend. Bis spätestens Mitte Juni sollte dann klar sein, wer in den nächsten zwei Jahren an der ÖH Innsbruck das Sagen hat.