Laufend bereichernd – Joggen im Urlaub

von Anna Kirchgatterer
Lesezeit: 6 min
Eine Reise beginnt nicht erst auf dem Weg dorthin. Wer schonmal auf dem Weg zum Traumort war, weiß, dass zuvor geplant, gebucht und gepackt werden muss.

Was in den Koffer kommt, entscheidet sich nicht nur mit dem Zielort, sondern auch dadurch, was man vorhat. Was viele vielleicht nicht wissen (wollen): Eine Laufhose, ein Leibchen und die dazu passenden Schuhe brauchen gar nicht viel Platz. Wer schon viel gereist ist und regelmäßig seine Ziele frühmorgens in Laufschuhen erkundet, kann hier wahrscheinlich aufhören zu lesen – richtig konsequent machen dies aber wahrscheinlich die wenigsten von uns. Das Laufen treibt den Puls zwar oft höher, als es einem in der Urlaubsstimmung lieb ist, die dabei entstehenden Eindrücke bereichern aber definitiv.

In der Stadt

Wer einen Städtetrip plant, kann die morgendlich-ruhigen Stunden für eine kleine Sightseeing-Tour nutzen. Neben den touristischen Hotspots kommt man beim Laufen auch an versteckteren Ecken vorbei. Das Alltagsleben der Bevölkerung wird so oft greifbarerer, als bei der Fahrt in einem Hop-on Hop-off Bus oder am Weg von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten. Wer diese aber während seiner Laufroutine abklappert, erlebt eine unverstellte Sicht auf die Dinge. Oft bietet sich auch ein nahegelegener Park an, um ein oder zwei Runden zu drehen. So gibt es zum Beispiel mitten in Rom ausgedehnte Grünflächen, deren Existenz man nicht einmal ahnt, wenn man direkt vor der Parkmauer steht. Die Kulisse kann sich hier unglaublich schnell ändern. Um diese Plätze auch zu entdecken, hat es schon das ein oder andere Mal geholfen, einem vorbeilaufenden Kollegen zu folgen, der die richtige Richtung weist.

Aber nicht nur in Rom, sondern auch in Budapest oder Prag, waren die Laufschuhe schon dabei. So kann man beispielsweise neben dem Zoo in Budapest, hinter dem Heldenplatz, eine Runde auf schattiger Grünfläche drehen. Alternativ bietet es sich in solchen Städten an, einfach mal der Moldau, der Donau oder dem Tiber zu folgen. In beinahe allen größeren europäischen Städten finden sich schöne, ausgedehnte Promenaden, an denen wunderbar auch zwanzig Kilometer oder mehr abgespult werden können. Der Vorteil: Man findet leichter wieder zum Ausgangspunkt zurück. Es gibt aber auch die Möglichkeit, sich den Winkeln und Gassen einer Stadt hinzugeben – dies am besten nur mit dem Handy im Gepäck. Wer hier eine langsame Runde dreht, kann die Architektur und das Flair voll genießen.

Ein bisschen exotischer

Schwieriger kann sich die Laufroutine in weiter entfernten Destinationen gestalten. Gehsteige scheinen eine europäische Erfindung zu sein, ebenso verkehrsberuhigte Straßen. Auf Bali bietet es sich an, am Strand zu laufen und den Weg dorthin möglichst mit dem Moped zurückzulegen. Dafür breitet sich hier eine wunderschöne Kulisse aus. Neben Reisfeldern kann es zwar auch schön sein, aber auch hier muss mit Mopeds gerechnet werden. Die allgegenwärtigen Straßenhunde sollte man am besten einfach ignorieren. In Hanoi ist es nicht ratsam, den Kopf gänzlich abzuschalten. Auch wenn hier keine Straßenhunde unterwegs sind – die werden gegessen – muss man das ein oder andere Mal freilaufenden Hühnern oder Vietnamesen beim Morgensport ausweichen. Dieses Phänomen ist keine Seltenheit. An vielen Ecken trifft man auf tanzbegeisterte Gruppen, die aus ihren Boxen Musik spielen, oder Einheimische, die mit Tai-Chi in den Tag starten. Neben Flüssen oder in kleinen Parks finden sich außerdem oft Freiluft-Fitnessgeräte, wie Beinpressen oder einfache „Ergometer“. Um morgens fit zu sein, wird auch bald ins Bett gegangen, um 22 Uhr herrscht meist Ruhe auf den tagsüber so belebten Straßen.

Auf Kuba trifft man nur selten auf sportbegeisterte Inselbewohner, dafür kann aber das ganz eigene Flair der Insel genossen werden. In Havanna läuft man durch Straßen mit kunstvoll renovierten Kolonialbauten, meist überwiegen aber halbe Ruinen und Plattenbauten. Dieser Kontrast ist typisch für Kuba und wird einem auf einer Reise über die Inseln immer wieder begegnen. Wer morgens laufen geht, wird außer ein paar Kindern auf Fahrrädern nur wenige Menschen sehen. Sportlich sind die Kubaner weniger, gastfreundlich dafür aber definitiv und der allgegenwärtige Mojito kann ganz leicht ungewollt den ein oder anderen Kater verursachen. Trotzdem lohnt es sich, vor allem in den Städten, bald aufzustehen. Die Gastgeber der Casa Particulares, Familien, die Zimmer vermieten, helfen meist auch gerne bei allem, was man so wissen möchte.

Aber Vorsicht!

Wer nun aber glaubt, mit dem Laufen die absolute Urlaubsidylle gefunden zu haben, der kann sich auch irren. Der traumhafte Weg, den man gerade gefunden hat, endet schon nach der nächsten Kurve in einer Sackgasse, beim frühmorgendlichen Lauf am Hafen überwältigt der Duft vom frischen, ungekühlten Fisch und vom Laufen am weichen Sandstrand stellen sich schon nach zwei Tagen die Schmerzen in den Waden ein. Ein bereits erwähntes, ärgerliches Phänomen, das sich in vielen Regionen der Erde findet, sind freilaufende Hunde. Sei es auf den weit entfernten Trauminseln Bali oder Kuba, oder in den näheren Urlaubsdestinationen, wie Rumänien oder Kroatien. Das Risiko, von einem liebesbedürftigen Vierbeiner verfolgt zu werden, ist nicht gering. Wer ängstlich schneller zu laufen beginnt, hat gegenüber den oft in Rudeln kommenden Tieren schon verloren. Schwäche zeigen ist hier definitiv das falsche Mittel. Besser ist es, stehen zu bleiben und zu warten, bis der Hund von alleine wieder abzieht. Gerade Straßenhunde zeigen sich aber besonders hartnäckig. Hier hilft nur ein selbstbewusstes Auftreten und forsches Verjagen, dieses aber durch die Stimme und keinesfalls durch Gestikulieren der Arme. Wer gebissen wird, sollte sich schleunigst um eine Tollwutimpfung bemühen.

All diese Begebenheiten können der anfänglich sprühenden Motivation schnell einen nachhaltigen Dämpfer verpassen. Es lohnt sich, sich vorab über mögliche Wege zu informieren oder die Trainingseinheiten auf Sand auf ein erträgliches Maß zu beschränken (15 Minuten für den Anfang sind genug). Auch die richtige App auf dem Handy beugt der unliebsamen Überraschung, den Weg zur Unterkunft nicht mehr zu finden, vor. Aber gerade diese Dinge können auch immer wieder für erfreuliche Begegnungen sorgen. Zum Beispiel, wenn ein Auto mit quietschenden Reifen neben einem stehen bleibt und der Fahrer die neugierigen Straßenhunde vertreibt. Die hilflose Frage nach dem Weg kann auch zu einer kurzen Mitfahrt auf einem Pferdefuhrwerk oder zu einem netten Gespräch führen. An dieser Stelle soll aber vor zu viel Vertrauen auch gewarnt werden: Im Oman habe ich, aufgrund der Hitze und der örtlichen Sitten, auf meine Laufroutine verzichtet und an manch einsamen Orten war es beruhigend, nicht alleine unterwegs zu sein.

Erfahrungsgemäß sind die Laufschuhe aber definitiv kein unnötiger Ballast im Urlaubsgepäck. Wer sich neuen Erfahrungen stellen will und auch bereit ist, hin und wieder Umwege einzugehen, wird sich bald davon überzeugen können. Oft muss klimabedingt zwar bald aufgestanden werden, dafür schmeckt das Frühstück danach aber umso besser und vor leichten Anfällen von Kater kann man so schlicht davonlaufen. Außerdem kann man dadurch – als netten Nebeneffekt – im Urlaub sogar noch die Form behalten.

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