Der Dachs begibt sich in den Winterschlaf… Dieses Mal für immer.

von Jeremy Roose
Lesezeit: 4 min
Vergangenen Samstag veranstaltete der Dachsbau zum letzten Mal eine Riesenparty mit zahlreichen unterschiedlichen DJs. Dachsbaubesitzer Frederik Lordick erzählt, warum der Dachsbau schließen und was sich in Innsbruck dringend ändern muss.

Der lang andauernde Spätsommer hat sein Ende gefunden. Bunte Blätter fallen von den Bäumen. Es ist kalt. Und die Hochsaison der Innsbrucker Clubkultur beginnt wieder. Wer kennt es nicht – es ist drei in der Früh und man stolpert völlig betrunken und mit voller Motivation aus dem Dachsbau, um sich nach dem ganzen Getanze den wohlverdienten Döner beim Chili zu holen. Doch auch diese Zeiten sind nun vorbei. Nachdem er sieben Jahre lang unzählige Menschen mit vielfältiger Musik begeistern konnte, schloss der Dachsbau mit Sonntag Morgen für immer seine Tore.

Höchste Zeit, nochmal das Besondere am Dachsbau und die Ursachen für die Schließung zu ergründen.

Ein Keller der Musik

Foto: Mona Paschinger

„Ich werde dafür bezahlt, Musik zu hören” , antwortet Dachsbaubesitzer Frederik Lordick mit einem Augenzwinkern auf die Frage, wie sein Joballtag aussieht. Dass seine Tätigkeit als Besitzer sehr umfangreich und mit viel Stress verbunden ist – Künstler:innen buchen, Personal managen und wöchentliche Reparaturen im Club selbst durchführen – sollte nicht überraschen. Mit seiner anfänglichen Aussage möchte er zunächst aber seine Leidenschaft und Liebe zur Musik betonen, die als seine Hauptmotivationsfaktoren für die Eröffnung und das Führen des Clubs dienten. Der Dachsbau war stets ein Ort, wo vor allem viele kleinere Künstler:innen eine Chance bekommen haben, ihre Musik zu teilen. Das familiäre Klima und der respektvolle Umgang miteinander machten den Dachsbau zu einem besonderen Ort, der in Innsbruck seines Gleichen sucht.

Die Nachricht, dass dieser nun schließen muss, schockierte viele Fans und Kulturbegeisterte. Damit geht wieder ein wichtiger Bestandteil der Innsbrucker Clubszene verloren. Die Gründe für die Schließung könnten aber banaler nicht sein.

Das Leben ist zu teuer geworden

„Die Coronapandemie und jetzt noch die Inflationskrise haben dafür gesorgt, dass wir pleite sind“, sagt Lordick. „Innsbruck ist über die Jahre hinweg viel zu teuer geworden, die Mieten sind zu hoch und die Leute müssen irgendwo sparen. Am einfachsten spart es sich beim Ausgehen.“ Die Menschen würden, so Lordick, teilweise auf Konzerte kommen und nur nach Leitungswasser fragen. Einfach, weil sie sich schlichtweg nicht mehr leisten können. Das Leben sei zu teuer, sowohl für Clubbetreiber:innen als auch die Besucher:innen.

Eine schnelle Lösung für das Problem gibt es nicht. Allerdings hat Lordick einige Ansätze: „Innsbruck muss langfristig wieder leistbar werden. Mittels Sozialbau, Mietpreisdeckel und so weiter. Und Clubs müssen Anerkennung kriegen und als Kultur gesehen werden.“ Clubkultur – so wie sie momentan betrieben wird – könne sich sonst nicht halten. Da muss sich die Stadt öffnen. „Und Kulturbereiche, die nicht tragbar sind, subventionieren“, führt Lordick aus.

Ändert sich nichts, droht Innsbruck ein Clubsterben. Schlimmer: Die Stadt läuft Gefahr, dass das Nachtleben völlig ausstirbt. Als Beispiel nennt Lordick Salzburg. Dort ist in den letzten Jahren das Nachtleben regelrecht weggebrochen. Aber auch in Innsbruck ist bereits seit einiger Zeit ein besorgniserregender Trend beobachtbar. In den letzten Jahren mussten so einige namenhafte Clubs wie das Weekender, der Hafen oder der Hofgarten schließen.

Innsbruck ist eine Student:innenstadt mit vielen jungen und ausgehfreudigen Menschen. Dieses Umstands müssen sich die politischen Verantwortlichen endlich bewusst werden – und Maßnahmen gegen diese Entwicklungen setzen. Nur so kann ein Raum für junge musikbegeisterte Menschen erhalten bleiben. Sonst verkommt Innsbruck zu einer reinen Tourist:innenstadt, aus der die Jungen nach und nach verdrängt werden. Undenkbar.

Foto: Michael Winkler

Ein Ort voller Erinnerungen

Allerdings ist auch wichtig zu betonen: Obwohl der Dachsbau nun schließen muss, bleiben die unzähligen Erinnerungen, die viele junge partybegeisterte Menschen dort gemacht haben. Als Clubbesitzer hat Lordick so einige unvergessliche Geschichten zu erzählen: „Einmal wurde ein Rollstuhl im Club stehen gelassen. Also jemand ist mit Rollstuhl reingekommen und hat den dann stehengelassen, keine Ahnung, wie man das geschafft hat”. Ein anderes Mal sei der ehemalige Barchef so besoffen gewesen, dass er nackt auf der Bar stand und Shots verteilte.

Die Liste an eindrücklichen Anekdoten ließe sich hier noch endlos fortsetzen, ein paar schöne Schlussworte gibt uns Lordick aber noch mit auf den Endspurt, damit der Club in den Mündern seiner treuen Fans weiterleben kann: „Ausgehen ist mehr, als nur zu saufen. Es gibt Musik zu entdecken, und es kann ein Prototyp  einer schönen Welt entstehen, wo sich jeder gern und zusammen Spaß hat. Das ist was wert und das darf nicht verloren gehen”.

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