Studierendenjob Drogendealer: Ein Interview

von Fabian Bär
Schlagwörter: Lesezeit: 6 min
Tom ist Student an der Universität Innsbruck, nebenbei verkauft er Drogen. Ein Gespräch über selbstständiges Unternehmertum in Corona-Zeiten, regionale Bio-Produkte, und wann Cannabis tödlich sein kann.

Anmerkung: Wir sehen den Themenkomplex Substanzmissbrauch in erster Linie als gesundheitspolitisches Problem und befürworten weder den Handel mit, noch den Konsum von illegalen Suchtmitteln.

UNIpress: Wie hast du begonnen, zu dealen?

Tom: Angefangen hat es damit, dass ich als Konsument dank exzellenter Kontakte sehr gutes Gras hatte. Daraufhin haben mich immer mehr Leute gebeten, hin und wieder Gras mitzunehmen, und irgendwann bekam ich das Angebot, alles billiger zu kriegen und es weiterzuverkaufen.

UP: Dealst du hauptberuflich?

Tom: Dealen ist mein Hobby. Ich studiere an der Universität Innsbruck und gehe nebenbei auch einer normalen Tätigkeit nach.

UP: Würdest du Dealen als Studierendenjob weiterempfehlen?

Tom: Nein. 99% der Menschen sind nicht fit für den Job. Man braucht viel Menschenkenntnis, und es gibt so viele Wappler, die in der Branche tätig sind. Aber die ganzen Soft Skills, die man beim Dealen lernt, haben mich auch in meinem normalen Job beruflich weitergebracht.

UP: Woraus setzt sich deine Produktpalette zusammen?

Tom: Exquisites Gras, Brownies, auf Anfrage auch vegan, Wax, Hasch… alles, was mit Gras zu tun hat.

UP: Woher beziehst du deine Produkte?

Tom: Von “Growern” (Anm. d. Red: Züchterinnen und Züchter von Cannabispflanzen) und anderen Enthusiasten. Meine Produkte sind natürlich bio und nur aus der Region. Das kann ich persönlich bestätigen, manchmal helfe ich bei der Ernte.

UP: Gibt es Drogen, die du nicht verkaufen würdest?

Tom: Alles, was hart ist. Alles, was man spritzen muss. Crystal – sowas würde ich nie verkaufen. Koks auch nicht. Jeder, der größere Mengen an Kokain verkauft, hat Blut an den Händen. Wenn du mit Koks dealst, hast du früher oder später ein blaues Auge. Auf sowas habe ich keinen Bock. Meine Kunden kiffen vielleicht ein bisschen – ich auch – aber Leute, die sich wöchentlich zukoksen, haben ganz andere Probleme, machen Schulden und sind oft sehr viel verzweifelter. Ich bleibe bei Gras.

UP: Wie viel kostet ein Gramm Cannabis bei dir?

Tom: Der Standardpreis in Innsbruck beträgt zurzeit zwölf Euro für “Bahnhofs-Gras”. Teurer ist meines auch nicht, aber die Qualität ist erheblich besser. Der Gras-Preis ist generell abhängig von der jeweiligen Drogenpolitik der Stadt und Region. Innsbruck hat eine eher lockere Drogenpolitik, aber die Leute aus Bayern treiben den Preis hoch, denn die sind einen 15er-Preis gewohnt. Generell gilt: je größer die Stadt, desto billiger das Gras – außer in München.

UP: Hast du eine bestimmte Zielgruppe?

Tom: Mein Kundenstamm ist eigentlich ziemlich vielfältig. Es kaufen zwar mehrheitlich Männer, die dann auch oft was für die Freundin mitnehmen, aber es kommen auch sehr viele Frauen alleine her. Ich ziele auf Leute über 20 ab – unter 18 geht gar nicht, ich würde nie etwas an einen Minderjährigen verkaufen. Einmal war ich mir etwas unsicher beim Alter eines Kundens und hab dann sogar nach seinem Ausweis gefragt. Unter meinen Kunden sind natürlich viele Studierende, aber auch Mittvierziger – ich hab auch schon Rentnern was verkauft. Ein Kollege von mir ist sogar auf Rentner als Kundschaft spezialisiert, der bekommt von seinen älteren Kundinnen auch oft Schokolade geschenkt.

© Zorsyst / Marina Raidl

“Einmal war ich mir unsicher beim Alter eines Kundens und hab nach seinem Ausweis gefragt”


UP:
Viele selbstständige Unternehmerinnen und Unternehmer mussten in der Corona-Krise mit Umsatzeinbußen und ähnlichen Schwierigkeiten kämpfen – du auch?

Tom: Die Leute haben Toilettenpapier, Seife, und Gras gehortet, also nein. Als der Lockdown kam, war die Geschäftsabwicklung natürlich etwas komplizierter. Da ist dann ein Pizzabote gefahren und hat es mitgenommen.

UP: Gibt es qualitative Unterschiede bei Cannabis?

Tom: Die gibt es durchaus, sind für den Endkonsumenten aber oft schwer zu erkennen. Wenn der “Bud” (Anm. d. Red: Cannabisblüte) eher klein, sehr braun, und sehr dunkel ist, ist es grundsätzlich meistens eher schlechteres Gras, aber auch das hängt von der Sorte ab. Mir ist es wichtig, immer beste Qualität anbieten zu können. Ich bin auch gut vernetzt und sehr viel im Kontakt mit Growern. Da gibt es teilweise ziemlich harte interne Konkurrenz – jeder will das beste Gras züchten, und ich kann es dann anbieten. Grundsätzlich ist es aber sehr schwierig für den Laien, gutes Zeug zu erkennen, und sehr schwierig für Endkonsumenten, eine gute Quelle zu finden. Ich nehme meinen Anspruch an die Qualität meiner Produkte sehr ernst, und tausche das Zeug auch um, wenn ein Kunde mal nicht zufrieden ist. Das kommt aber eher selten vor.

UP: Ende letzten Jahres wurde vom Innsbrucker Zentrum für Drogenarbeit und Suchtmittelberatung Z6 vor “gestrecktem” Cannabis gewarnt – kannst du uns mehr dazu sagen?

Tom: Gras kann wie jede andere Droge auch gestreckt werden. Da werden dann zum Beispiel künstliche Harze oder Haarspray mit dem Gras vermengt, um es schwerer zu machen und qualitativ hochwertiger erscheinen zu lassen. Manchmal wird auch billiges CBD-Gras mit synthetischen Cannabinoiden gestreckt und als normales Gras verkauft, das kann sehr böse Folgen für den Konsumenten haben. Richtig gefährlich ist es auch, wenn Gras mit Glassplittern gestreckt wird. Wenn du das rauchst, bringt dich das um. Das tötet deine Lunge sehr schnell.

UP: Wer streckt das Cannabis?

Tom: Gestrecktes Gras kommt meistens von Leuten, denen alles scheißegal ist. Oft hat es schon einen langen Weg hinter sich, kommt aus Afrika über Italien zu uns und wird dann am Bahnhof oder im Rapoldipark verkauft. Wenn man da was kauft, was ich grundsätzlich sowieso niemandem empfehlen würde, und es riecht ganz komisch, nach Haarspray, nach Chemie, wenn die Konsistenz komisch ist – rauch es lieber nicht. Deine Gesundheit fürs Kiffen aufs Spiel zu setzen ist es niemals wert. Im Zweifelsfall zum Z6 und es dort testen lassen. Mir haben schon Kunden Gras gezeigt, das sie am Bahnhof gekauft haben, und ich hab ihnen dann direkt gesagt, dass sie das wegschmeißen können. Wie gesagt: Mir ist die Qualität meiner Produkte sehr wichtig, gerade weil es in der Branche auch Leute gibt, denen das alles scheißegal ist, und die den Konsumenten dann Dreck verkaufen, der sie tötet. Sowas könnte ich nie mit meinem Gewissen vereinbaren.

UP: Befürwortest du eine Legalisierung von Cannabis, oder siehst du darin eher eine Gefahr
für dein Geschäftsmodell?

Tom: Selbstverständlich befürworte ich eine Legalisierung. Selbst wenn ich nicht kiffen würde: wenn in Österreich jeder Kiffer angezeigt werden würde, wären total viele intelligente, erfolgreiche Leute kriminalisiert. Eine Legalisierung bringt nur Vorteile, gerade auch was die Gewährleistung der Produktqualität betrifft. Sieht man auch in den Staaten, in denen es mittlerweile legal ist. Es kommen auch sehr viele Leute her, die Depressionen haben, und denen Gras hilft. Ein Kumpel von mir therapiert seine Oma mit Gras, die hat chronische Schmerzen. Und Politiker, die gegen eine Legalisierung sind, ziehen trotzdem Lines.

UP: Wann sollte man mit dem Kiffen aufhören?

Tom: Wenn man viel kifft, kann es schon passieren, dass es auf die Psyche schlägt. Wenn man Paranoia entwickelt, wenn man anfängt, zu denken, dass alles nur mehr schiefläuft, dass alles kacke ist… dann sollte man eine Pause machen und darüber reden. Man sollte dann auch keine Scheu davor haben, mit einem Arzt darüber zu sprechen. Ich merke es selber manchmal, wenn einzelne Leute immer öfter kommen, ihr ganzes Geld nur mehr in Gras investieren und ständig drauf sind, dann nehme ich mir die auch mal zur Seite und rede ein bisschen mit ihnen. Manchmal kann ein Gespräch schon sehr hilfreich sein, ich hab aber auch schon bewusst direkt die Reißleine gezogen und an Kunden, die viel zu oft gekommen sind, nichts mehr verkauft. Da sehe ich mich selbst auch in der Verantwortung, und mir ist es egal, wenn mir dafür ein paar Euro entgehen. Grundsätzlich gilt: Wenn das Kiffen aufhört, Spaß zu machen, sollte man es lassen.

Weiterführende Links

Drogenarbeit Z6: drogenarbeitz6.at

Suchtberatung Tirol: verein-suchtberatung.at

Legale Studierendenjobs: oehweb.at/jobs

Schreibe einen Kommentar

* Durch die Verwendung dieses Formulars stimmst du der Speicherung und Verarbeitung deiner Daten durch diese Website zu.

Artikel aus der selben Rubrik