Einsamkeit im Studium

von Sophie Borbe
Lesezeit: 3 min
Studentisches WG-Leben, Gleichgesinnte finden, jeden Tag eine andere Party schmeißen – die Erwartungen ans Studentenleben sind oft groß. Doch nicht immer wird die Realität diesen Vorstellungen gerecht. Im Gespräch mit UNIpress teilen Studierende der Uni Innsbruck ihre Gedanken darüber.

„Vor dem Studium hatte ich ein Bild von einem richtigen Studentenleben, auch wegen Erzählungen meiner Eltern über deren Studienzeit. Dass es bei mir dann gar nicht so war, hat mich schon enttäuscht“, sagt eine 22-jährige Studentin der Erziehungswissenschaft. Bei ihr spielten mehrere Faktoren zusammen: Studienstart während Corona, Umzug in eine neue Stadt, sehr großer Studiengang. Da es bei Erziehungswissenschaften gut möglich ist, die Lehrveranstaltungen nicht nach Empfehlungen des Studienverlaufs zu setzen, zerstreue sich alles noch mehr. Zudem werden die gleichen Vorlesungen und Kurse oft öfters pro Woche angeboten. Das macht es schwerer, Kontakte zu knüpfen. „Ich finde es schade, dass man dann gar nicht gemeinsam studiert“, führt die Studentin aus.

Einer 21-jährigen Lehramt-Studentin geht es ähnlich. Auch sie vermisste anfangs die Gemeinschaft einer Schulklasse, die jeden Tag gemeinsam verbringt. Neben Mathematik und Geografie auf Lehramt studiert sie zudem noch Geografie im BA. Außerdem ist sie ebenfalls während Corona ins Studium gestartet. „Ich würde sagen, dass ich prinzipiell ein sehr geselliger Mensch bin. Aber im Studium fand ich es schwierig, Anschluss zu finden“, sagt sie. Gründe sieht sie in vor allem darin, dass in ihrem ersten Studienjahr fast alles online war. Aber auch die Dreiteilung des Lehramtsstudiums in die zwei Fächer und die Bildungswissenschaft machte es nicht leichter. Erst, als dann einige Kurse in Präsenz waren, ging es für sie langsam bergauf.

Wege aus der Einsamkeit

„Einen Tipp, den ich auf jeden Fall geben kann, ist zur STV zu gehen. Weil da sind Leute aus deinem Studiengang, oft auch aus höheren Semestern, und wenn man Fragen hat, ist das sehr gut. Und das ist auch etwas, das mich an die Uni gebunden hat“, rät die Erziehungswissenschaft-Studentin. Mittlerweile kennt sie Leute in Innsbruck, in den Lehrveranstaltungen selbst sei aber weiterhin noch alles sehr zerstreut. Einfach auch deshalb, weil oft in jeder Vorlesung andere Leute sitzen und sich schon Gruppen gebildet haben. Und selbst wenn man jemanden kennenlerne, käme man oft nicht über die Schwelle, sich auch in der Freizeit zu verabreden. Gruppenarbeiten, die über einen längeren Zeitraum gehen, haben ihr teils geholfen, mehr mit anderen ins Gespräch zu kommen. Vor allem, wenn die Gruppen nicht zu oft durchgemischt wurden. Aber auch Referate seien hilfreich. Schade findet sie, dass es keine Art Gemeinschaftsraum für ihren Studiengang gibt. Denn so etwas würde auch ein besseres Kennenlernen ermöglichen.

Den ersten Schritt wagen

Die Lehramt- und Geographiestudentin empfiehlt aus eigener Erfahrung, Lerngruppen zu bilden. Den vor allem damit habe sie schließlich Freunde im Mathematikstudium gefunden. Dafür kann man einfach selbst in der gemeinsamen Whats-App-Gruppe des Studiengangs fragen, ob auch andere daran interessiert wären. Ihre Lerngruppe hat sich damals regelmäßig jede Woche getroffen. Das habe geholfen, weil man so einen Weg hatte, sich auch außerhalb des Seminars zu treffen. Oder auch auf andere im Kurs zuzugehen und einfach mal eine Frage zu stellen, sei ein guter Weg, Kontakte zu schließen. Themen wie die besuchte Lehrveranstaltung oder das Studium haben schließlich alle gemeinsam.

„Ich habe auch das Gefühl, dass zu wenig darüber gesprochen wird, wie verloren man sich an der Uni fühlen kann“, sagt die 22-Jährige. Denn erfahren haben Einsamkeit im Studium sicher viele schon. Sei es in der WG, im Studiengang oder anderswo. Wichtig ist, den Mut nicht zu verlieren und das Thema auch anzusprechen. Denn wer weiß – vielleicht trifft man dabei ja jemanden, dem es genau gleich geht.

 

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