Von Tirol zum Entwicklungsprojekt in Tansania

von Philipp Mühlegger
Lesezeit: 4 min
Rund zwei Monate verbrachte die Aldranserin Sigrid Sadjak in Tansania und lernte dort Land und Leute kennen. Zurück in Tirol unterstützt sie nun den Massai Kaira bei seinem Projekt: Eine Schule in seinem Heimatdorf bauen, um den Kindern neue Perspektiven zu schaffen.

Es sollte keine Reise werden, wie viele andere: Ende Dezember 2020 flog Sigrid nach Tansania, um dort Kaira persönlich zu treffen. Kaira gehört zur Volksgruppe der Massai, welche vor allem in besagtem Land als auch in Kenia beheimatet ist. Kennengelernt hatte Sigrid ihn online auf einer Couchsurfing-Plattform. Dass sie den 28-Jährigen bei seinem ambitionierten Projekt eines Schulbaus für die vielen Kinder seines Heimatorts unterstützen wollte, war für sie bald klar.

Mich hat sehr beeindruckt, dass sich ein junger Mann, der eigentlich nichts hat, für die Kinder und für Bildung einsetzt.”

Für die studierte Geografin ist Bildung vor allem Hilfe zur Selbsthilfe. Doch es geht nicht nur um eine bessere Schulbildung für die Kinder, sondern auch um eine Stärkung der Frauen: “Mich hat angesprochen, dass sich ein Mann für Frauenrechte einsetzt.” Kaira möchte der in seinem Land verbreiteten Praxis der weiblichen Genitalverstümmelung und frühen Verheiratung der Mädchen durch Bildung entgegenwirken. Vor allem aus Unwissen über die Folgen des Eingriffs werde an dieser Tradition festgehalten.

Durch eine bessere Bildung sollen für die Menschen in der Region neue Perspektiven geschaffen werden. Kaira selbst ist in einer archaischen Dorfgesellschaft vier Autostunden von der Stadt Arusha aufgewachsen, in welcher ihm ohne Schulbildung ein Leben als Viehhirte vorbestimmt gewesen wäre. Am Land leben die Menschen von der Hand in den Mund und sind auf der stetigen Suche nach Weideflächen für ihre Tiere. Neben vielen Weidetieren ist auch Kinderreichtum ein Statussymbol – so hat Kaira 33 Geschwister.

@Sigrid Sadjak

Der Drang nach Veränderung
Doch der junge Massai wollte sich nicht mit einem solchen Leben abfinden. Zunächst überzeugte er seinen Vater, ihn die siebenjährige Grundschule besuchen zu lassen. Mit 14 Jahren rannte er von zuhause davon, um in der Stadt weiter zur Schule gehen zu können. In dieser Zeit schlug er sich eigenständig durch, indem er während der Ferien in den Klassenräumen übernachtete, jede erdenkliche Hilfsarbeit annahm und, etwas älter geworden, als Träger am Kilimandscharo arbeitete. Heute ist er selbst Guide solcher Touren und kann in der Tourismusbranche vergleichsweise gut verdienen. Die Rückkehr in sein Dorf mit 21 Jahren wurde schließlich groß gefeiert, da man Kaira mittlerweile für tot gehalten hatte.

Die aktuelle Coronakrise hat die Tourismuswirtschaft Tansanias hart getroffen. Kaira nutzt diese Zeit nun, um sein Projekt umzusetzen. Denn Handlungsbedarf gibt es ohne Frage: Das Bildungssystem des afrikanischen Landes ist unterfinanziert, das Betreuungsverhältnis an den Schulen suboptimal. “In der Nähe gibt es eine Primary School. Dort unterrichten neun Lehrer 960 Kinder,” erklärt Sigrid. Eine Schulklasse umfasst bis zu 150 Kinder. Zwar besteht in Tansania eine Schulpflicht, der Staat habe jedoch zu wenig in Infrastruktur und Lehrpersonal investiert. So fehle es an allem – an Schulbänken, Schulbüchern und an Möglichkeiten für das Lehrpersonal, die Kinder beim Lernen zu betreuen.

Kaira und Sigrid arbeiten an der Einrichtung einer englischsprachigen Primary School für 210 Kinder, wo jährlich 30 neue nachrücken. Zumindest für diese soll es eine gute Schulbildung geben. Doch es geht nicht nur um theoretisches Wissen: So sollen die Massai auch nützliches Wissen über Landwirtschaft vermittelt bekommen, um nicht allein auf ihren traditionell nomadischen Lebensstil angewiesen zu sein – durch voranschreitende Modernisierung wird dieser nämlich zunehmend erschwert (u. a. Grenzziehungen, geschützte Nationalparks).

@Sigrid Sadjak

Das langfristige Ziel: “Eine gut funktionierende Schule mit viel Begeisterung und Freude, die im Austausch mit Europa steht – wir haben so viel Wissen, an dem es dort oft mangelt”, so Sigrid. Doch es soll nicht nur Knowhow vermittelt werden – Sigrid legt gerade Studierenden nahe, vor Ort nach Tansania zu reisen, da man dort auch selbst etwas lernen kann. Es ist ein Austausch, von dem beide Seiten etwas haben.

Aktuell ist das Projekt Work in Progress: Es wird um Spendengelder geworben, als auch um tatkräftige Unterstützung. Ebenso werden Kooperationen gesucht, erfolgreich war dies bereits im Falle des Gymnasiums (BG/BRG) Sillgasse. Dieses richtet am 2. Juli einen karitativen Schülerlauf aus. Es wurde eine projektbezogene Whatsapp-Gruppe mit rund 80 Mitgliedern erstellt, ebenso eine Facebookseite. Eine eigene Webseite für das Schulprojekt befindet sich in Ausarbeitung. Unterstützung mit Knowhow, zum Beispiel in Sachen Webseitenerstellung oder rechtlichen Fragen, sei gerne willkommen. Auch könnten Studierende mit eigenen universitären Arbeiten hier praktisch anknüpfen, schlägt die Aldranserin vor. Doch auch ohne solche Qualifikationen kann man das Projekt unterstützen. Denn, so findet sie: “Bei Erfolg geht es nicht darum, wie viel Geld man verdient. Es geht um den Unterschied, den man im Leben anderer macht.”

 

Wer das Projekt unterstützen will, kann via Facebook Kontakt aufnehmen oder spenden:
Spendenkonto
Mag. Sigrid Sadjak
Verwendungszweck: Eramatare School
IBAN: AT08 6000 0000 7710 8605
BIC: BAWAATWW

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